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Änderung Transplantationsgesetz

Geprüfter Gesetzentwurf: Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Transplantationsgesetzes – Novellierung der Regelungen zur Lebendorganspende und weitere Änderungen (Stand 22.04.2024)

Verantwortliches Ressort:
Gesundheit
Veröffentlichung vom:
07.05.2024
Betroffene Lebensbereiche:
Familie, Umwelt/Gesundheit
Art der Betroffenheit:
junge Menschen als Betroffene, junge Menschen als Normadressatinnen und -adressaten
Betroffene Gruppen junger Menschen:
Altersgruppe 12-17, alle Geschlechter, männlich, alle Lebensmittelpunkte, mit und ohne Beeinträchtigung, alle Lern- und Erwerbsverhältnisse, alle Staatsangehörigkeiten

Ziel des Gesetzentwurfs

Ziel des Gesetzentwurfs ist eine Reform der Lebendorganspende, um den Kreis von potenziellen Organspenderinnen und -spendern zu erweitern und ihren Schutz zu stärken. Wesentliche Vorhaben sind die Schaffung der gesetzlichen Voraussetzungen für die Überkreuzlebendnierenspende sowie der nicht gerichteten anonymen Nierenspende.1 Zudem soll für nicht einwilligungsfähige Personen die Weiterverarbeitung und Übertragung von Organen und Gewebe (Operationsreste) ermöglicht werden. Weiterhin soll die Gewinnung menschlicher Samenzellen für nicht einwilligungsfähige Personen, die sich einer keimzellenschädigenden Therapie unterziehen, gestattet werden.2

Mögliche Auswirkungen

Das Kompetenzzentrum Jugend-Check hat folgende mögliche Auswirkungen identifiziert:

  • Organe oder Gewebe (Operationsreste), die einer nicht einwilligungsfähigen Person Rahmen einer medizinischen Behandlung entnommen worden sind, sollen mit Zustimmung der gesetzlichen Vertreterin oder des gesetzlichen Vertreters auf andere Personen übertragen werden können (§ 8c Abs. 2 TPG). Dadurch können z.B. noch funktionsfähige Herzklappen entnommen und aufbereitet werden, um sie für herzkranke Jugendliche zu verwenden. Die Neuregelung kann somit zu einer verbesserten medizinischen Versorgung beitragen.
  • Die Gewinnung menschlicher Samenzellen soll für eine spätere medizinisch unterstütze Befruchtung für nichteinwilligungsfähige Personen, die sich einer keimzellenschädigenden Therapie unterziehen, ermöglicht werden (§ 8c Abs. 2 und 3 TPG). Damit kann zum Beispiel Jungen, die an Krebs erkrankt sind, eine spätere Familienplanung ermöglicht werden.

Betroffene Gruppen junger Menschen

Normadressatinnen und -adressaten sind in der für den Jugend-Check relevanten Altersgruppe junge Menschen zwischen 12 und 17 Jahren, bei denen z.B. nach einer Herztransplantation Organe oder Gewebe (Operationsreste) weiterverarbeitet oder rückübertragen werden. Im Jahr 2023 gab es in Deutschland 32 Herztransplantationen bei nicht einwilligungsfähigen minderjährigen Personen.3

Betroffene sind herzkranke Jugendliche, die von einer nicht einwilligungsfähigen Person Organe oder Gewebe (Operationsreste) erhalten können.

Normadressatinnen und -adressaten sind darüber hinaus männliche Jugendliche bis 17 Jahre, die sich aufgrund einer Erkrankung einer keimzellenschädigenden Therapie unterziehen müssen und bei denen Samenzellen gewonnen werden können.  Zu keimzellenschädigenden Behandlungen gehören z.B. die Einnahme fruchtbarkeitsschädigender Medikamente, die operative Entfernung von Keimdrüsen oder eine keimzellenschädigende Strahlentherapie, wie sie etwa bei Krebserkrankungen durchgeführt wird.4 In Deutschland sind etwa 2.250 Minderjährige pro Jahr von einer Krebserkrankung betroffen. Dabei ist einer von 310 Jungen unter 18 Jahren von einer Krebserkrankung im Vergleich zu einem von 370 Mädchen betroffen.5

Betroffene Lebensbereiche

Familie, Umwelt/Gesundheit

Jugendrelevante Auswirkungen

Übertragung von Gewebe und Organen von nicht einwilligungsfähigen Personen im Rahmen des Transplantationsgesetzes

§ 8c Abs. 2 TPG

Organe oder Gewebe (Operationsreste), die einer nicht einwilligungsfähigen, also minderjährigen Person, im Rahmen einer medizinischen Behandlung entnommen worden sind, sollen auf andere Personen übertragen werden können, vgl. § 8c Abs. 2 Transplantationsgesetz (TPG). Die Übertragung von Operationsresten soll von der Einwilligung der gesetzlichen Vertreterin oder des gesetzlichen Vertreters abhängig sein, vgl. § 8c Abs. 2 TPG. Bisher war eine solche Übertragung nur bei einwilligungsfähigen Personen möglich.6 Die Übertragung der Operationsreste soll sich nach den geltenden Regelungen bei der Rückübertragung von Organen und Gewebe gem. § 8c TPG richten.7

Die Entnahme und Aufbereitung von Organen oder Gewebe (Operationsreste), die noch funktionsfähig sind, kann beispielsweise Minderjährige nach einer Herztransplantation betreffen, um etwa noch funktionsfähige Herzklappen an andere Jugendliche spenden zu können.8 Der Gesetzentwurf sieht hierbei die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters, also in der Regel der Eltern oder Erziehungsberechtigten, vor. Durch eine künftige Einwilligung dieser könnten betroffene Minderjährige in ihrem Selbstbestimmungsrecht eingeschränkt werden, da somit in der Regel die Eltern oder Erziehungsberechtigten stellvertretend in eine Organspende einwilligen können sollen, ohne den jungen Menschen anhören zu müssen. Eine mögliche Willensäußerung kann jedoch auch vom Gesundheitszustand des betroffenen jungen Menschen abhängig sein.

Herzkranke junge Menschen, die beispielsweise eine neue Herzklappe benötigen, können von der Neuregelung profitieren, da sie nunmehr auch Organe und Gewebe (Operationsreste) von nicht einwilligungsfähigen Personen erhalten können, welche bislang etwa nach einer Herztransplantation entsorgt werden mussten.9 Dadurch können noch funktionsfähige Herzklappen entnommen und aufbereitet werden, sodass sie bei herzkranken Kindern und Jugendlichen verwendet werden können.10 Besonders Kinder und Jugendliche erhalten häufig gespendete und aufbereitete Herzklappen, da sie in ihrem Körper mitwachsen können.11 Die Neuregelung kann somit die medizinische Versorgung herzkranker Jugendlicher verbessern und ihnen ggf. einen schnelleren Zugriff auf eine solche notwendige Organspende ermöglichen. Dies könnte sich auch langfristig positiv auf ihre Gesundheit auswirken.

Möglichkeit der Gewinnung von Samenzellen Minderjähriger bei keimzellenschädigender Therapie

§ 8c Abs. 3 S. 2, Abs. 4 TPG

Für nichteinwilligungsfähige, also minderjährige Person, die sich einer keimzellenschädigenden Therapie unterziehen, soll die Möglichkeit eröffnet werden, ihnen menschliche Samenzellen für eine spätere medizinisch unterstütze Befruchtung zu entnehmen, vgl. § 8c Abs. 2 und Abs. 3 TPG. Die Gewinnung menschlicher Samenzellen zur medizinischen Befruchtung soll unter einem Informations- und Einwilligungsvorbehalt der gesetzlichen Vertretungspersonen stehen, vgl. § 8c Abs. 3 S. 2, Abs. 4 TPG.

Mit der geplanten Möglichkeit zur Gewinnung menschlicher Samenzellen bei minderjährigen männlichen Personen, die sich einer keimzellenschädigenden Therapie unterziehen, kann eine Gesetzeslücke zugunsten dieser Gruppe geschlossen werden. Bislang war nur bei weiblichen, nicht einwilligungsfähigen Personen, eine Entnahme von Eizellen möglich, sofern die Eltern oder eine andere gesetzliche Vertretungsperson zugestimmt haben.12 Betroffene können z.B. an Krebs erkrankt sein und aufgrund der durchgeführten, keimzellenschädigenden Chemotherapie einen Fertilitätsverlust erleiden.13 In Zukunft können betroffene Jungen in Bezug auf eine mögliche spätere Familienplanung besser abgesichert werden. Dies kann insbesondere wichtig sein, da somit eine spätere Familienplanung ermöglicht werden kann.

  1. Vgl. „Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Transplantationsgesetzes – Novellierung der Regelungen zur Lebendorganspende und weitere Änderungen“, 22. April 2024, 2f.
  2. Vgl. „Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Transplantationsgesetzes – Novellierung der Regelungen zur Lebendorganspende und weitere Änderungen“, 4, 68.
  3. Vgl. „Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Transplantationsgesetzes – Novellierung der Regelungen zur Lebendorganspende und weitere Änderungen“, 38.
  4. Vgl. Gemeinsamer Bundesausschuss, „Kryokonservierung“ (Berlin, 2024), https://www.g-ba.de/themen/methodenbewertung/kryokonservierung-von-ei-und-samenzellen/, letzter Abruf am 02.05.2024.
  5. Vgl. Claudia Spix u. a., „Krebs im Kindes- und Jugendalter in Deutschland – ein Überblick“, Journal of Health Monitoring 8, Nr. 2 (14. Juni 2023): 82, letzter Abruf am: 02.05.2024.
  6. Vgl. „Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Transplantationsgesetzes – Novellierung der Regelungen zur Lebendorganspende und weitere Änderungen“, 68.
  7. Vgl. „Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Transplantationsgesetzes – Novellierung der Regelungen zur Lebendorganspende und weitere Änderungen“, 68 f.
  8. Vgl. „Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Transplantationsgesetzes – Novellierung der Regelungen zur Lebendorganspende und weitere Änderungen“, 68.
  9. Vgl. „Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Transplantationsgesetzes – Novellierung der Regelungen zur Lebendorganspende und weitere Änderungen“, 68.
  10. Vgl. „Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Transplantationsgesetzes – Novellierung der Regelungen zur Lebendorganspende und weitere Änderungen“, 68.
  11. Vgl. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), „Die Herzklappentransplantation“ (Köln, 2024), https://www.organspende-info.de/gewebespende/transplantierbare-gewebe/herzklappen/, letzter Abruf am: 02.05.2024.
  12. Vgl. „Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Transplantationsgesetzes – Novellierung der Regelungen zur Lebendorganspende und weitere Änderungen“, 69.
  13. Vgl. Deutsches Krebsforschungszentrum. Krebsinformationsdienst, „Kinderwunsch nach Krebs. Mögliche Auslöser für Unfruchtbarkeit Was bewirken Chemotherapie, Bestrahlung oder Operation?“ (Deutsches Krebsforschungszentrum (dkfz), 16. November 2016), https://www.krebsinformationsdienst.de/leben/alltag/kinderwunsch/kinderwunsch-unfruchtbarkeit-ursachen.php, letzter Abruf am: 02.05.2024.

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