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Faire Verbraucherverträge

Veröffentlichung des Kompetenzzentrums Jugend-Check

Geprüfter Gesetzentwurf: Entwurf eines Gesetzes für faire Verbraucherverträge (Stand: 24.01.2020)

Verantwortliches Ressort:
Justiz und Verbraucherschutz
Veröffentlichung vom:
28.01.2020
Betroffene Lebensbereiche:
Bildung/Arbeit, Digitales, Freizeit, Politik/Gesellschaft
Art der Betroffenheit:
junge Menschen als Betroffene
Betroffene Gruppen junger Menschen:
Altersgruppe 12-27, alle Geschlechter, alle Lebensmittelpunkte, mit Beeinträchtigung, mit und ohne Beeinträchtigung, alle Lern- und Erwerbsverhältnisse, alle Staatsangehörigkeiten

Prüfbericht

  • Regelungsvorhaben

    Mit dem Gesetz für faire Verbraucherverträge sollen die Position von Verbraucherinnen und Verbrauchern gegenüber Unternehmen verbessert, die Verbraucherverträge fairer gestaltet und der Verbraucherschutz gestärkt werden.1
    In Zukunft sollen Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen über Verbraucherverträge, die ein Dauerschuldverhältnis begründen und eine länger als ein Jahr bindende Laufzeit vorsehen, unwirksam sein, vgl. § 309 Nr. 9a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Des Weiteren soll künftig eine stillschweigende Verlängerung dieser Verbraucherverträge nur noch für jeweils drei Monate erfolgen können, vgl. § 309 Nr. 9b BGB, und eine Kündigung des Verbrauchervertrages innerhalb einer Kündigungsfrist von einem Monat möglich sein, vgl. § 309 Nr. 9c BGB.
    Zudem soll eine sogenannte Bestätigungslösung im Falle eines telefonisch geschlossenen Fernabsatzvertrages einer Verbraucherin oder eines Verbrauchers über eine im Volumen unbegrenzte oder in der Menge unbestimmte Gas- oder Stromlieferung eingeführt werden, sodass die Wirksamkeit dieses Vertrages von der Genehmigung des Vertrages in Textform abhängig sein soll, nachdem die Unternehmerin oder der Unternehmer der Verbraucherin oder dem Verbraucher den Vertragsinhalt auf einem dauerhaften Datenträger, zum Beispiel Papier oder USB-Stick, übermittelt hat, vgl. § 312c Abs. 3 S. 1 BGB.2 Die Genehmigung soll als verweigert gelten, wenn die Verbraucherin oder der Verbraucher sie nicht innerhalb von zwei Wochen nach Empfang der Aufforderung zur Genehmigung erklärt, vgl. § 312c Abs. 3 S. 2 BGB. Die Unternehmerin oder der Unternehmer soll keinen Anspruch auf Wertersatz haben, falls sie oder er der Verbraucherin oder dem Verbraucher in Erwartung einer Genehmigung bereits geliefert hat, die Genehmigung im Fall des § 312c Abs. 3 BGB jedoch unterbleibt, vgl. § 312c Abs. 4 BGB. Beim Kauf gebrauchter Sachen können die Vertragsparteien eine Gewährleistungsfrist von einem Zeitraum nicht unter einem Jahr für einen Mangel vereinbaren, der sich seit Ablieferung der gebrauchten Sache gezeigt hat, § 476 Abs. 1 S. 2 und 3 BGB.
    Die bisher geltenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches sollen weiterhin auf Schuldverhältnisse, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes entstanden sind, angewendet werden, vgl. Art. 2293 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche (EGBGB).
    Unternehmerinnen und Unternehmer sollen zudem verpflichtet werden eine vor der Telefonwerbung ausdrücklich durch Verbraucherinnen oder Verbraucher zu erteilende Einwilligung in die Telefonwerbung zum Zeitpunkt der Erteilung zu dokumentieren, vgl. § 7a Abs. 1 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG).4 Der Nachweis über die Erteilung der Einwilligung muss fünf Jahre ab dem Zeitpunkt der Erteilung und nach jeder Verwendung der Einwilligung aufbewahrt werden, vgl. § 7a Abs. 2 S. 1 UWG.

  • Betroffene Gruppen junger Menschen

    Betroffene sind vorrangig junge Menschen, in der für den Jugend-Check relevanten Altersgruppe zwischen 18 bis 27 Jahren, die Verbraucherverträge über Dauerschuldverhältnisse schließen können. Weitere Betroffene sind junge beschränkt geschäftsfähige Menschen zwischen 12 und 17 Jahren, die mit Einwilligung oder Genehmigung ihrer gesetzlichen Vertreterinnen oder Vertreter Verbraucherverträge über Dauerschuldverhältnisse schließen können.
    Zudem sind junge Menschen betroffen, die mit Energieversorgungsunternehmen auf dem telefonischen Wege Verträge schließen.
    Betroffen im Sinne des Jugend-Checks sind weiterhin junge Menschen zwischen 12 und 27 Jahren, die von Unternehmen durch Werbeanrufe kontaktiert werden.

  • Betroffene Lebensbereiche
    Bildung/Arbeit, Digitales, Freizeit, Politik/Gesellschaft
  • Erwartete Auswirkungen

    Die Verkürzung der maximalen Laufzeit von als Dauerschuldverhältnis ausgestalteten Verbraucherverträgen auf ein Jahr, der Kündigungsfrist dieser Verträge auf einen Monat sowie der stillschweigenden Verlängerung auf maximal drei Monate, kann sich förderlich auf die materielle Situation junger Menschen auswirken. Gerade junge Menschen müssen beispielsweise hinsichtlich Ausbildung oder Studium besonderes flexibel sein. So kann es zum Beispiel für sie zu Beginn ihrer Ausbildung schwierig sein, ihre Mediennutzung abzuschätzen. Dies kann sich beispielsweise darin äußern, ob und welcher Mobilfunkvertrag für sie in Zukunft ihren Bedürfnissen entsprechen wird. Es kann dazu kommen, dass sie hohe Kosten für einen Vertrag zahlen müssen, den sie schon nach kurzer Zeit nicht mehr in vollem Umfang benötigen. Durch die Möglichkeit regelmäßig günstigere bzw. dem eigenen Verbrauch angemessenere Verträge abzuschließen, können die Kosten für einen kürzeren Zeitraum besser eingeschätzt werden. Die hierdurch eingesparten Mittel können sodann beispielsweise zur Teilnahme an kostenpflichtigen Freizeitaktivitäten eingesetzt werden, was die Beteiligungsmöglichkeiten junger Menschen erhöhen kann. Weiterhin können die verkürzten Vertragslaufzeiten dazu führen, dass junge Verbraucherinnen und Verbraucher freier zwischen verschiedenen Vertragsangeboten wählen können. Dadurch können sie selbstbestimmter Entscheidungen über Verträge treffen.
    Auch junge verschuldete Menschen können von den Neuregelungen profitieren, indem sie früher ihre vertraglichen Pflichten kündigen können. Dies kann helfen, eine Überschuldung einzugrenzen bzw. diese sogar zu vermeiden. Die Relevanz für die Zielgruppe zeigt sich beispielsweise daran, dass im Jahr 2018 rund 27 Prozent der Schuldnerinnen und Schuldner unter 25 Jahren in Schuldnerberatungsstellen aufgrund unwirtschaftlicher Haushaltsführung beraten wurden. Insbesondere zeigt sich, dass rund 65 Prozent9 der Schuldnerinnen und Schuldner unter 25 Jahren unter anderem bei Telekommunikationsunternehmen verschuldet sind.10
    Darüber hinaus kann die notwendige Bestätigungslösung für genehmigungsbedürftige Fernabsatzverträge für Gas oder Strom junge Menschen davor besser schützen letztlich ungewollte oder nicht benötigte Verträge abzuschließen, was ihren materiellen status quo insofern schützt. Denn wenn junge Menschen einen solchen Vertrag abschließen, müssen sie diesen anschließend innerhalb von zwei Wochen ab Aufforderung zur Genehmigung in Textform genehmigen, andernfalls ist er nicht wirksam. Durch dieses Erfordernis kann ein unbedachter, überrumpelnder Vertragsabschluss junger Menschen vermieden werden, da sie sich mit dem Inhalt des Vertrages in Ruhe auseinandersetzen und entscheiden können, ob sie diesen Vertrag schließen können und möchten.11
    Die Bestätigungslösung kann ebenfalls einer wahrheitswidrig geschönten Darstellung des Vertragsinhaltes entgegenwirken12, die unerwünschte und unvorhersehbare Folgekosten verursachen kann. Falls das Unternehmen bereits vor Genehmigung eine Lieferung vorgenommen hat, hat dieses keinen Anspruch auf eine Zahlung für diese Leistung, wenn letztlich keine Genehmigung erfolgt. Dies kann vor Kosten, die während der Überlegungsphase bis zur Bestätigung durch Genehmigung anfallen könnten, schützen. Zugleich können damit ebenso die Ausübung der individuellen Rechte junger Verbraucherinnen und Verbraucher gestärkt werden, die möglicherweise von einer Verweigerung der Genehmigung absehen könnten, wenn sie beispielsweise annähmen, dass sie ohnehin bereits für zumindest zwei Wochen der Leistung bezahlen müssen.

    Weiterhin kann die erforderliche dokumentationspflichtige Einwilligung in Telefonwerbung junge Menschen umfassender davor schützen, dass sie ungewollte und unerlaubte Werbeanrufe erhalten. Hierdurch kann einer Verunsicherung über das Vorliegen eines Vertragsschlusses entgegengewirkt werden. Dies kann zu einer Stärkung der individuellen Rechte junger Menschen beitragen, die so evtl. ungerechtfertigte Rechnungen leichter als solche identifizieren können.

    Kaufen junge Menschen gebrauchte Gegenstände von Unternehmerinnen und Unternehmern kann eine Haftungserleichterung der Verkäuferin oder des Verkäufers dergestalt vereinbart werden, dass diese oder dieser nur haftet, wenn sich ein Mangel nach Ablieferung der Sache zeigt. Der Haftungszeitraum darf hierbei die zeitliche Grenze von einem Jahr nicht unterschreiten.13 Dadurch kann die Durchsetzbarkeit vertraglicher Nacherfüllungsrechte gestärkt werden. Dies kann sich auch in materieller Hinsicht auswirken, da entweder ein Anspruch auf eine Reparatur oder auf eine Ersatzlieferung gleichwertiger gebrauchter Gegenstände bestehen kann.

    Insgesamt werden die individuellen Rechte junger Menschen gestärkt, da sie ihre Positionen und Rechte gegenüber Unternehmen besser durchsetzen können.

  • Anmerkungen und Hinweise

    Die Neuregelungen gelten jedoch nicht für bereits bestehende Verträge, sodass junge Menschen erst ab Inkrafttreten des Gesetzes von den Änderungen profitieren können.

  • Datenbasis

    Literaturrecherche, Sekundärdaten

  1. Vgl. „Entwurf eines Gesetzes für faire Verbraucherverträge“, 24. Januar 2020, 1.
  2. Vgl. „Entwurf eines Gesetzes für faire Verbraucherverträge“, 24.
  3. Vgl. „Entwurf eines Gesetzes für faire Verbraucherverträge“, 5.
  4. Vgl. „Entwurf eines Gesetzes für faire Verbraucherverträge“, 27.
  5. Vgl. „Entwurf eines Gesetzes für faire Verbraucherverträge“, 24. Januar 2020, 1.
  6. Vgl. „Entwurf eines Gesetzes für faire Verbraucherverträge“, 24.
  7. Vgl. „Entwurf eines Gesetzes für faire Verbraucherverträge“, 5.
  8. Vgl. „Entwurf eines Gesetzes für faire Verbraucherverträge“, 27.
  9. Vgl. Statistisches Bundesamt, „Private Überschuldung: Starke Unterschiede zwischen Jung und Alt“, Pressemitteilung (Wiesbaden, 2019).
  10. Die ausgewiesenen Daten beruhen auf Hochrechnungen der Überschuldungsstatistik des Statistischen Bundesamts. Bei der Betrachtung gilt es zu beachten, dass es für eine Schuldnerin bzw. einen Schuldner auch mehrere Gläubigerarten geben kann.
  11. Vgl. „Entwurf eines Gesetzes für faire Verbraucherverträge“, 10.
  12. Vgl. „Entwurf eines Gesetzes für faire Verbraucherverträge“, 9 f.
  13. Vgl. „Entwurf eines Gesetzes für faire Verbraucherverträge“, 26.
  14. Vgl. Statistisches Bundesamt, „Private Überschuldung: Starke Unterschiede zwischen Jung und Alt“, Pressemitteilung (Wiesbaden, 2019).
  15. Die ausgewiesenen Daten beruhen auf Hochrechnungen der Überschuldungsstatistik des Statistischen Bundesamts. Bei der Betrachtung gilt es zu beachten, dass es für eine Schuldnerin bzw. einen Schuldner auch mehrere Gläubigerarten geben kann.
  16. Vgl. „Entwurf eines Gesetzes für faire Verbraucherverträge“, 10.
  17. Vgl. „Entwurf eines Gesetzes für faire Verbraucherverträge“, 9 f.
  18. Vgl. „Entwurf eines Gesetzes für faire Verbraucherverträge“, 26.

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