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Kinderrechte im Grundgesetz

Veröffentlichung des Kompetenzzentrums Jugend-Check

Geprüfter Gesetzentwurf: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes zur ausdrücklichen Verankerung der Kinderrechte (Stand: 20.01.2021)

Verantwortliches Ressort:
Justiz und Verbraucherschutz
Veröffentlichung vom:
20.01.2021
Betroffene Lebensbereiche:
Bildung/Arbeit, Digitales, Familie, Freizeit, Politik/Gesellschaft, Umwelt/Gesundheit
Art der Betroffenheit:
junge Menschen als Betroffene
Betroffene Gruppen junger Menschen:
Altersgruppe 12-17, alle Geschlechter, alle Lebensmittelpunkte, mit und ohne Beeinträchtigung, alle Lern- und Erwerbsverhältnisse, alle Staatsangehörigkeiten

Prüfbericht

  • Regelungsvorhaben

    Das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes zur ausdrücklichen Verankerung der Kinderrechte soll zu einer besseren Sichtbarmachung der Grundrechte von Kindern durch Aufnahme in den Text des Grundgesetzes führen.1 Mit der Grundgesetzänderung soll im Verfassungstext deutlich gemacht werden, dass die verfassungsmäßigen Rechte der Kinder zu achten und zu schützen sind, vgl. Art. 6 Abs. 2 S. 3 Grundgesetz (GG). Auch ihr Recht auf Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen Persönlichkeit soll geschützt und geachtet werden, vgl. Art. 6 Abs. 2 S. 3 Grundgesetz (GG). Das Kindeswohl soll angemessen berücksichtigt werden, vgl. Art. 6 Abs. 2 S. 4 GG. Zudem soll der verfassungsrechtliche Anspruch eines jeden Kindes auf rechtliches Gehör gewahrt werden, vgl. Art. 6 Abs. 2 S. 5 GG. Die Erstverantwortung der Eltern soll nicht berührt werden, vgl. Art. 6 Abs. 2 S. 6 GG.

  • Betroffene Gruppen junger Menschen

    Betroffene sind junge Menschen in der für den Jugend-Check relevanten Altersgruppe zwischen 12 und einschließlich 17 Jahren, die in Deutschland leben. Sowohl nach Art. 1 der UN-Kinderrechtskonvention (UN-KRK) als auch im nationalen Recht nach § 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ist rechtlich als Kind einzustufen, wer das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.

  • Betroffene Lebensbereiche
    Bildung/Arbeit, Digitales, Familie, Freizeit, Politik/Gesellschaft, Umwelt/Gesundheit
  • Erwartete Auswirkungen

    Die ausdrückliche Verankerung von Kinderrechten kann zunächst zu einer besseren Sichtbarmachung der Kinderrechte im Grundgesetz führen. Darüber hinaus könnte die Verankerung von Kinderrechten ggf. eine „eindeutige und unumgängliche Verbindlichkeit“3 in der Anwendung eines Kindergrundrechts befördern. Dadurch könnte sich die gesellschaftliche Wahrnehmung stärker dahingehend verändern, junge Menschen mit ihren Anliegen ernst zu nehmen, sie mithin als Träger subjektiver Rechte anzusehen. Zwar sind sie bereits Grundrechtsträger, ihre Rechte sollen künftig jedoch durch die Änderung auch ausdrücklich im Grundgesetz Erwähnung finden. Dies kann sich letztlich auch auf staatliche Entscheidungen gegenüber betroffenen jungen Menschen auswirken. Denn eine Formulierung, die Kinderrechte im Grundgesetz hervorhebt, kann dazu beitragen, dass Kinderrechte noch stärker mitgedacht und dadurch bei Entscheidungen angemessen berücksichtigt werden.4 Kinder sind bereits Träger aller Grundrechte. Dennoch sollen vor allem das Kindeswohlprinzip und das rechtliche Gehör (Anhörungsrecht) von Kindern5 in der Verfassung betont werden. Dies kann die Rechtsstellung von Kindern und Familien und damit verbunden ihre individuellen Rechte stärken. Staatlichen Akteuren kann damit in Konkretisierung des „Wächteramtes“ des Staates (Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG) ihre Aufgabe verdeutlicht werden, dass sie selbst die verfassungsmäßigen Rechte von Kindern und Jugendlichen beachten müssen und dies unabhängig von der Geltendmachung dieser Rechte durch das Kind vertreten durch seine Erziehungsberechtigten geschehen soll.

  • Anmerkungen und Hinweise

    Die drei Elemente der Grundgesetzänderung: Anerkennung der Grundrechtsberechtigung,
    Kindeswohlprinzip und Anhörungsrecht,9 – knüpfen u.a. an die Regelungen der UN-KRK an.10 Jedoch erfordert die UN-KRK keine strikte gesetzliche Umsetzung durch nationales Recht. Eine materielle Verwirklichung der Kinderrechte wird aber angestrebt.11
    Nach dem Gesetzentwurf soll das Kindeswohl „angemessen“ zu berücksichtigen sein, während das Kindeswohl nach Art. 3 Abs. 1 UN-KRK als „vorrangig“ zu berücksichtigen gilt. Dadurch bleibt die Formulierung zum Kindeswohl hinter der UN-KRK zurück. Das könnte dazu führen, dass das Kindeswohl nicht in allen Belangen oder bei allen Maßnahmen so stark berücksichtigt wird, wie durch die UN-KRK angestrebt. Ebenso weicht die Formulierung zum rechtlichen Gehör in Art. 6 Abs. 2 S. 5 GG von den Formulierungen in Art. 12 UN-KRK ab. Insbesondere Art. 12 Abs. 1 UN-KRK sieht eine weitergehende Beteiligungsmöglichkeit als nur einen Anspruch auf rechtliches Gehör vor, indem die Kinder alters- und reifeangemessen in allen sie berührenden Angelegenheiten beteiligt werden sollen. Zudem schließt Art. 12 UN-KRK andere Angelegenheiten ein, die für ein Kind oder Gruppen von Kindern von Bedeutung sein können.12

  • Datenbasis

    Literaturrecherche

  1. Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes zur ausdrücklichen Verankerung der Kinderrechte“, 20. Januar 2021, 2.
  2. Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes zur ausdrücklichen Verankerung der Kinderrechte“, 20. Januar 2021, 2.
  3. Schriftliche Rückmeldung aus dem Fachbeirat Jugend-Check zum Thema Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz, erhalten am 14.07.2020.
  4. Vgl. Rainer Hofmann und Philipp B. Donath, „Gutachten bezüglich der ausdrücklichen Aufnahme von Kinderrechten in das Grundgesetz nach Maßgabe der Grundprinzipien der UN-Kinderrechtskonvention“, Schriftenreihe des Deutschen Kinderhilfswerkes e.V. Heft 1, 2017, 22 f.
  5. Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes zur ausdrücklichen Verankerung der Kinderrechte“, 7.
  6. Schriftliche Rückmeldung aus dem Fachbeirat Jugend-Check zum Thema Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz, erhalten am 14.07.2020.
  7. Vgl. Rainer Hofmann und Philipp B. Donath, „Gutachten bezüglich der ausdrücklichen Aufnahme von Kinderrechten in das Grundgesetz nach Maßgabe der Grundprinzipien der UN-Kinderrechtskonvention“, Schriftenreihe des Deutschen Kinderhilfswerkes e.V. Heft 1, 2017, 22 f.
  8. Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes zur ausdrücklichen Verankerung der Kinderrechte“, 7.
  9. Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes zur ausdrücklichen Verankerung der Kinderrechte“, 7.
  10. Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes zur ausdrücklichen Verankerung der Kinderrechte“, 8.
  11. Vgl. Committee on the Rights of the Children, General Comment No. 12 (2009) The right of the child to be heard (para 15, 19) (CRC/C/GC/12 (2009)).
  12. Vgl. CRG/C/GC/12 (2009), Rn. 12, 26f.
  13. Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes zur ausdrücklichen Verankerung der Kinderrechte“, 7.
  14. Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes zur ausdrücklichen Verankerung der Kinderrechte“, 8.
  15. Vgl. Committee on the Rights of the Children, General Comment No. 12 (2009) The right of the child to be heard (para 15, 19) (CRC/C/GC/12 (2009)).
  16. Vgl. CRG/C/GC/12 (2009), Rn. 12, 26f.

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