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Mindestlohnerhöhungsgesetz

Geprüfter Gesetzentwurf: Entwurf eines Gesetzes zur Erhöhung des Schutzes durch den gesetzlichen Mindestlohn (Mindestlohnerhöhungsgesetz – MiLoEG) (Stand: 26.01.2022)

Verantwortliches Ressort:
Arbeit und Soziales
Veröffentlichung vom:
01.02.2022
Betroffene Lebensbereiche:
Bildung/Arbeit, Familie, Freizeit
Art der Betroffenheit:
junge Menschen als Betroffene
Betroffene Gruppen junger Menschen:
Altersgruppe 18-27, alle Geschlechter, alle Lebensmittelpunkte, mit und ohne Beeinträchtigung, Berufstätige, Studierende, alle Staatsangehörigkeiten

Ziel des Gesetzentwurfs

Der Entwurf eines Gesetzes zur Erhöhung des Schutzes durch den gesetzlichen Mindestlohn verfolgt angesichts der steigenden Lebenshaltungs- und Wohnkosten das Ziel, den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern eine angemessene Lebensgrundlage bzw. einen angemessenen Mindestschutz zu gewährleisten.1 Weitere Ziele des Gesetzentwurfs sollen z.B. die stärkere Berücksichtigung der gesellschaftlichen Teilhabe und die Schaffung von Anreizen zur Erwerbsaufnahme sein.2

Mögliche Auswirkungen

Das Kompetenzzentrum Jugend-Check hat folgende mögliche Auswirkungen identifiziert:

  • Ab dem 1. Oktober 2022 soll der Mindestlohn auf einen Bruttostundenlohn von 12 Euro erhöht werden (§ 1 Abs. 2 S. 1 MiLoG). Dadurch kann sich die materielle Situation junger Menschen verbessern, weil sie ggf. mehr Einkommen zur Verfügung haben und dies kann zu ihrer Verselbstständigung beitragen.
  • Der höhere Mindestlohn könnte auch bei betroffenen jungen Menschen dazu beitragen, nicht zusätzlich auf Sozialleistungen („aufstocken“) angewiesen zu sein. Für junge Menschen, die am Beginn des Berufslebens stehen, kann das besonders wichtig und motivierend für ihren weiteren Berufsweg sein, wenn ihr Lohn zumindest in dem Maße ausreichend ist, dass sie nicht zusätzlich auf den Staat angewiesen sind.
  • Junge Menschen, die neben Studium oder Ausbildung einer geringfügigen Beschäftigung (Minijob) nachgehen und derzeit weniger als 12 Euro Bruttostundenlohn verdienen, könnten durch die Erhöhung weniger Stunden arbeiten müssen. Dies könnte dazu führen, dass sie mehr Zeit für ihre Ausbildung aufbringen können und mehr Freizeit haben.

Betroffene Gruppen junger Menschen

Betroffene sind in der für den Jugend-Check relevanten Altersgruppe junge Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zwischen 18 und 27 Jahren, die einer Beschäftigung nachgehen, für die der Mindestlohn gilt und deren Beschäftigung derzeit mit weniger als 12 Euro Bruttostundenlohn vergütet wird.

Von einer Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro würden vor allem Menschen mit folgenden (Beschäftigungs-)Merkmalen profitieren können: Die Wahrscheinlichkeit, von Stundenlöhnen unter 12 Euro betroffen zu sein, ist höher, wenn man eine Frau ist, in Teilzeit und/oder befristet beschäftigt ist. Gleiches gilt für eine Beschäftigung in einem Betrieb ohne Tarifbindung sowie mit weniger als 100 Beschäftigten.3 Zudem ist die Wahrscheinlichkeit von Stundenlöhnen unter 12 Euro betroffen zu sein, in den ostdeutschen Bundesländern (ohne Berlin) hoch.4

Branchen, in denen das Risiko von Stundenlöhnen unter 12 Euro besonders hoch ist, sind beispielsweise die Gastronomie (z.B. Küchenhelferinnen und Küchenhelfer oder Kellnerinnen und Kellner), das Friseurhandwerk (Friseurinnen und Friseure) oder der Einzelhandel (z.B. Verkäuferinnen und Verkäufer oder Kassiererinnen und Kassierer).5 Im Juni 2021 waren z.B. 11.780 Personen unter 25 Jahren als Kassiererin oder Kassierer  und 24.143 Personen in Berufen im Friseurhandwerk sozialversicherungspflichtig beschäftigt.6 Zum gleichen Stichtag waren 20.233 Personen unter 25 Jahren als Kassiererin oder Kassierer und 2.486 Personen im Friseurhandwerk geringfügig beschäftigt.7

Betroffene Lebensbereiche

Bildung/Arbeit, Familie, Freizeit

Jugendrelevante Auswirkungen

Erhöhung des Mindestlohns

§ 1 Abs. 2 S. 1 Mindestlohngesetz (MiLoG)

Ab dem 1. Oktober 2022 soll der Mindestlohn auf einen Bruttostundenlohn von 12 Euro erhöht werden, vgl. § 1 Abs. 2 S. 1 MiLoG. Der Mindestlohn beträgt derzeit nach § 1 Nr. 3 und 4 der geltenden Dritten Mindestlohnanpassungsverordnung 9,82 Euro brutto je Zeitstunde und ab dem 1. Juli 2022 10,45 Euro.

Die Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro Bruttostundenlohn kann dazu führen, dass betroffene junge Menschen mehr Einkommen zur Verfügung haben und sich ihre materielle Situation dadurch verbessert. Dies wäre unter der Voraussetzung gegeben, dass ihre Arbeitsstunden durch den Arbeitgeber nicht aufgrund des höheren Stundenlohns gekürzt werden, wie dies in der Vergangenheit durch Einführung oder Anpassungen den Mindestlohns, vor allem bei geringfügiger Beschäftigung, zum Teil geschehen ist.8 Der höhere Mindestlohn kann dazu beitragen, dass junge Menschen ihre Lebenshaltungskosten selbst bestreiten und dadurch etwa eine eigene Wohnung mieten sowie ein selbstständiges, von den Eltern unabhängiges Leben, finanzieren können. Zudem könnte die Mindestlohnerhöhung auch dazu führen, dass junge Menschen neben der Erwerbstätigkeit nicht auf zusätzliche Sozialleistungen angewiesen sein müssen.9 Derzeit stocken rund 111 000 Beschäftigte ihren Lohn durch zusätzliche Sozialleistungen auf.10 Der höhere Mindestlohn könnte auch bei den davon betroffenen jungen Menschen dazu beitragen, ihren Lebensunterhalt selbst zu erwirtschaften. Dadurch kann ihnen vermittelt werden, dass ihre Arbeit in dem Maße wertgeschätzt wird, dass sie ihren Lebensunterhalt von ihrem Lohn bestreiten können. Für junge Menschen, die am Beginn des Berufslebens stehen, kann das besonders wichtig und motivierend für ihren weiteren Berufsweg sein, wenn ihr Lohn zumindest in dem Maße ausreichend ist, dass sie nicht zusätzlich auf den Staat angewiesen sind.

Im Hinblick auf die Gruppen, die generell von einer Mindestlohnerhöhung profitieren, ist davon auszugehen, dass sich dies auch auf junge Frauen in Teilzeit und/oder befristeter Beschäftigung sowie junge Menschen in Ostdeutschland in kleineren Betrieben ohne Tarifbindung übertragen lässt.11 Junge Menschen könnten in spezifischen Branchen eher betroffen sein, etwa wenn sie neben ihrer Ausbildung oder ihrem Studium einer Nebenbeschäftigung, z.B. einem 450-Euro-Job, nachgehen. Dies sind häufig Tätigkeiten in der Gastronomie oder im Einzelhandel, die wie dargestellt häufiger im Niedriglohnbereich angesiedelt sind und in denen junge Menschen von einer Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro profitieren können. Ebenso sind in diesen Branchen Tätigkeiten häufig geringfügige Beschäftigungen (Minijobs), die ebenfalls oftmals geringe Stundenlöhne aufweisen.12 So waren im Jahr 2017 53 Prozent der rund 1,4 Mio. Jobs in denen Mindestlohn gezahlt wurden Minijobs.13 Im Jahr 2021 gab es im gewerblichen Bereich 1.107.408 Minijobber bis 25 Jahre. Nimmt man auch die Altersgruppe der bis 30-Jährigen hinzu, sind es 1.594.179.14 In diesen Beschäftigungsverhältnissen geht es für junge Menschen oftmals darum, ihren Lebensunterhalt nur für die Dauer der Ausbildung zu finanzieren. Ein höherer Mindestlohn kann dazu führen, dass sie weniger Stunden arbeiten müssen, um etwa 450 Euro über einen Minijob zu verdienen. Mit dem derzeit geltenden Mindestlohn muss ein junger Mensch 45, 8 Stunden im Monat arbeiten, um 450 Euro zu erwirtschaften. Durch einen Mindestlohn von 12 Euro wären es 37,5 Arbeitsstunden im Monat.15 Dies könnte dazu führen, dass sie mehr Zeit für ihre Ausbildung aufbringen können und mehr Freizeit haben.

Anmerkungen und Hinweise

Ob die Erhöhung des Mindestlohns für betroffene junge Menschen letztlich dazu beitragen kann, ihren Lebensunterhalt ohne zusätzliche Sozialleistungen zu bestreiten, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab. Zunächst hat sich die Anzahl der Personen, die ihren Lohn durch Sozialleistungen aufstocken müssen, durch die Einführung des Mindestlohns bislang nicht deutlich reduziert.16 Zu beachten ist darüber hinaus, dass nicht allein der Mindestlohn ausschlaggebend dafür ist, ob zusätzlich Sozialleistungen bezogen werden, sondern sowohl die Stundenanzahl als auch ob sich Kinder im Haushalt befinden.17 Für alleinstehende junge Menschen könnte die Erhöhung des Mindestlohns jedoch dazu beitragen, auf zusätzliche Sozialleistungen verzichten zu können, sofern sie in Vollzeit beschäftigt sind.18

Ob der höhere Mindestlohn dafür ausreichend ist, dass junge Menschen eine eigene Wohnung finanzieren können, ist sicherlich abhängig von den Mietkosten, die gerade in Ballungszentren und Großstädten deutlich angestiegen sind.19

  1. Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Erhöhung des Schutzes durch den gesetzlichen Mindestlohn (Mindestlohnerhöhungsgesetz– MiLoEG)“, 26. Januar 2022, 1, 5.
  2. Vgl. „Mindestlohnerhöhungsgesetz– MiLoEG“, 1, 5 f.
  3. Vgl. Malte Lübker, „Wer profitiert von 12 Euro Mindestlohn? Einblicke aus der WSI-Lohnspiegel-Datenbank“, WSI Policy Brief (Düsseldorf: Hans-Böckler-Stiftung, Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Institut (WSI), September 2021), 8 f., Abb. 1.
  4. Vgl. Malte Lübker, 12, Abb. 4.
  5. Vgl. Malte Lübker, 13 f., Tabelle 2.
  6. Vgl. Bundesagentur für Arbeit, „Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte nach der ausgeübten Tätigkeit der Klassifikation der Berufe (KldB 2010) und ausgewählte Merkmale. Stichtag 30.06.2021“, 2021.
  7. Vgl. Bundesagentur für Arbeit, „Geringfügig Beschäftigte Insgesamt nach der ausgeübten Tätigkeit der Klassifikation der Berufe (KldB 2010) und ausgewählte Merkmale. Stichtag 30.06.2021“, 2021.
  8. Vgl. Oliver Bruttel und Ralf Himmelreicher, „Mindestlohn“, in Datenreport 2021. Ein Sozialbericht für die Bundesrepublik Deutschland. (Statistisches Bundesamt, 2021), 181 f.
  9. Vgl. „Mindestlohnerhöhungsgesetz– MiLoEG“, 5.
  10. Vgl. „Mindestlohnerhöhungsgesetz– MiLoEG“, 6.
  11. Vgl. Malte Lübker, „Wer profitiert von 12 Euro Mindestlohn? Einblicke aus der WSI-Lohnspiegel-Datenbank“.
  12. Vgl. Oliver Bruttel und Ralf Himmelreicher, „Mindestlohn“, 177.
  13. Vgl. Statistisches Bundesamt, „Arbeitsmarkt auf einen Blick. Deutschland und Europa“ (Wiesbaden: Statistisches Bundesamt, November 2018), 47.
  14. Vgl. Minijob-Zentrale, „3. Quartalsbericht 2021“, 2021, 6, https://www.minijob-zentrale.de/DE/02_fuer_journalisten/02_berichte_trendreporte/quartalsberichte_archiv/2021/3_2021.pdf?__blob=publicationFile&v=1, eigene Berechnungen, letzter Abruf am 26.01.2022.
  15. Eigene Berechnungen.
  16. Vgl. Oliver Bruttel und Ralf Himmelreicher, „Mindestlohn“, 179.
  17. Vgl. Mindestlohn-Kommission, „Dritter Bericht zu den Auswirkungen des gesetzlichen Mindestlohns. Bericht der Mindestlohnkommission an die Bundesregierung nach § 9 Abs. 4 Mindestlohngesetz“ (Berlin, 2020), 75.
  18. Vgl. Oliver Bruttel und Ralf Himmelreicher, „Mindestlohn“, 179, Ausführungen beziehen sich auf Berechnungen auf Grundlage des Mindestlohns 2019.
  19. Vgl. Kerstin Bruckmeier und Oliver Bruttel, „Minimum Wage as a Social Policy Instrument: Evidence from Germany“, Journal of Social Policy 50, Nr. 2 (2021): 260.

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