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Zweites Familienentlastungsgesetz (aktualisiert)

Veröffentlichung des Kompetenzzentrums Jugend-Check

Geprüfter Gesetzentwurf: Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur steuerlichen Entlastung von Familien sowie zur Anpassung weiterer steuerlicher Regelungen (Zweites Familienentlastungsgesetz – 2. FamEntlastG) (Stand: 29.07.2020)

Verantwortliches Ressort:
Finanzen
Veröffentlichung vom:
03.08.2020
Betroffene Lebensbereiche:
Familie, Freizeit
Art der Betroffenheit:
junge Menschen als Betroffene, junge Menschen als Normadressatinnen und -adressaten
Betroffene Gruppen junger Menschen:
Altersgruppe 12-17, Altersgruppe 12-27, alle Geschlechter, alle Lebensmittelpunkte, mit Beeinträchtigung, mit und ohne Beeinträchtigung, alle Lern- und Erwerbsverhältnisse, Studierende, alle Staatsangehörigkeiten

Prüfbericht

  • Regelungsvorhaben

    Der Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur steuerlichen Entlastung von Familien sowie zur Anpassung weiterer steuerlicher Regelungen verfolgt das Ziel, Familien über die verfassungsrechtlichen Vorgaben des 13. Existenzminimumberichts hinaus wirtschaftlich zu fördern. Dafür sollen u.a. Kindergeld, Kinderfreibetrag sowie der steuerliche Grundfreibetrag erhöht werden.1
    Das Kindergeld soll ab dem 1. Januar 2021 um 15 Euro pro Monat und Kind angehoben werden, vgl. § 6 Abs. 1 Bundeskindergeldgesetz (BKGG), § 66 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG). Damit soll das monatliche Kindergeld für die ersten beiden Kinder auf 219 Euro, für das dritte Kind auf 225 Euro und ab dem vierten Kind auf 250 Euro erhöht werden, vgl. § 6 Abs. 1 BKGG, § 66 Abs. 1 EStG.
    Entsprechend sollen auch die Kinderfreibeträge auf 2.730 Euro pro Elternteil und Jahr (5.460 Euro insgesamt) sowie der Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf pro Elternteil und Jahr auf 1.464 Euro (2.928 Euro insgesamt) angehoben werden, vgl. § 32 Abs. 6 S. 1 EStG. So ergibt sich insgesamt eine Erhöhung der zur steuerlichen Freistellung des Kinderexistenzminimums dienenden Freibeträge auf 8.388 Euro für jedes berücksichtigungsfähige Kind und Jahr, vgl. § 32 Abs. 6  S. 1 EStG. Darüber hinaus soll der erweiterte Zugang zum Kinderzuschlag nach § 6a Abs. 1a  BKGG um ein Jahr, befristet bis zum 31. Dezember 2023, verlängert werden, vgl. § 20 Abs. 2 BKGG.
    Zudem erfolgt eine Anpassung des Steuertarifs an das Existenzminimum und die Inflationsentwicklung: Dafür soll der Grundfreibetrag auf 9.696 Euro angehoben werden, vgl. § 32a Abs. 1 S. 2 Nr. 1 EStG.

  • Betroffene Gruppen junger Menschen

    Normadressatinnen und -adressaten sind junge Eltern oder Erziehungsberechtigte in der für den Jugend-Check relevanten Altersgruppe bis 27 Jahre, die Kindergeld beziehen oder durch Kinderfreibeträge steuerlich entlastet werden. Weitere Normadressatinnen und -adressaten sind junge Eltern bis 27 Jahre, die den Kinderzuschlag nach § 6a Abs. 1a  BKGG beziehen bzw. beziehen werden. Dies kann Familien betreffen, denen mit Erwerbseinkommen, Kinderzuschlag und ggf. Wohngeld höchstens 100 Euro fehlen, um Hilfebedürftigkeit nach SGB II zu vermeiden.
    Da das Kindergeld zur Sicherung des Lebensunterhalts von Kindern und Jugendlichen gedacht ist, sind junge Menschen zwischen 12 und 17 Jahren bzw. zwischen 18 und 25 Jahren betroffen: Junge Menschen können nach § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BKGG bis zum 21. Lebensjahr Kindergeld beziehen, wenn sie arbeitssuchend gemeldet sind bzw. nach § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 2a BKGG bis zum 25. Lebensjahr, wenn sie sich z.B. in einer Berufsausbildung oder in einem Studium befinden. Kindergeld kann nach § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 und Abs. 3 S. 1 BKGG auch über das 25. Lebensjahr hinaus gezahlt werden, wenn Zivil- oder Wehrdienstzeiten angerechnet werden oder bei jungen Erwachsenen mit einer Behinderung, deren Anspruch auf Kindergeld ohne Altersbeschränkung fortwirkt.3 Im Juni 2020 wurde diese Leistung bundesweit für insgesamt rund 15,75 Mio. Kinder und junge Menschen gezahlt.4
    Weitere Normadressatinnen und -adressaten sind alle einkommenssteuerpflichtigen Personen bis 27 Jahre, die von der Erhöhung des Grundfreibetrags profitieren.

  • Betroffene Lebensbereiche
    Familie, Freizeit
  • Erwartete Auswirkungen

    Durch die Erhöhung von Kindergeld und Kinderfreibetrag kann sich die materielle Situation junger Menschen in ihren Familien verbessern. Denn insbesondere für Jugendliche, die in Familien mit geringem verfügbarem Einkommen aufwachsen, kann eine solche Erhöhung zur wirtschaftlichen Stabilität dieser Haushalte beitragen.7 Kindergeld trägt in diesem Zusammenhang für die Betroffenen zur Armutsreduktion bei, da rund 1,2 Mio. Familien dadurch ohne Leistungen der Grundsicherung leben können.8 Zudem nutzen vor allem Eltern bzw. Erziehungsberechtigte aus unteren und mittleren Einkommensschichten das Kindergeld als normalen Teil des Haushaltseinkommens9, sodass davon alltägliche Bedarfsgüter wie Lebensmittel, Kleidung oder auch Schulbedarf für den betroffenen jungen Menschen gekauft werden können.
    Überdies können besonders junge Menschen ab 18 Jahren von der Erhöhung direkt profitieren, da sie das Kindergeld häufiger als Taschengeld erhalten oder es gezielt für sie verwendet wird.10 Dies kann beispielsweise jungen Menschen in der (ersten) Berufsausbildung oder im (Erst-)Studium helfen, wirtschaftlich eigenständiger zu sein, um am sozialen und kulturellen Leben teilzuhaben.
    Durch die künftige Erhöhung des steuerlichen Grundfreibetrags wird sichergestellt, dass das Existenzminimum junger Menschen nicht besteuert und ebenso an Preissteigerungen angepasst wird.11 Dies kann z.B. jungen Studierenden, die während des Studiums arbeiten, entgegenkommen und eine materielle Entlastung darstellen.
    Durch die Verlängerung des erweiterten Zugangs zum Kinderzuschlag können insbesondere Familien in verdeckter Armut erreicht werden: Denn Familien denen der Kinderzuschlag nicht gewährt wurde, stellten in 61 Prozent der Fälle keinen Antrag auf SGB II-Leistungen oder Sozialgeld. Dies zum einen, weil sie davon ausgehen, nicht anspruchsberechtigt zu sein (47 Prozent) und zum anderen, da sie diese Leistung nicht beziehen wollen (22Prozent).12 Zudem geben 56 Prozent der Beziehenden von Kinderzuschlag an, dass sie auch dann keine Hartz IV-Leistungen beantragen würden, wenn sie dadurch monatlich mehr Geld zur Verfügung hätten.13 Familien, die keine Hartz IV-Leistungen beziehen wollen und durch die Verlängerung (weiterhin) Kinderzuschlag beziehen können, erhalten damit mehr finanzielle Ressourcen. Darüber hinaus geht mit dem Kinderzuschlag auch ein Anspruch auf Leistungen für Bildung und Teilhabe einher, von dem betroffene junge Menschen profitieren können.
    Dies kann jungen Menschen Möglichkeiten eröffnen z.B. in Sportvereinen mitzuwirken, Nachhilfe zu erhalten oder Zuschüsse für Klassenfahrten bzw. –ausflüge zu erhalten.

  • Anmerkungen und Hinweise

    Insgesamt kann davon ausgegangen werden, dass bei einer Erhöhung des Kindergeldes im Umfang von 15 Euro pro Monat die Effekte in Bezug auf die materielle Situation junger Menschen eher gering ausfallen werden.
    Zudem kann die Erhöhung des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf jungen Menschen eine höhere steuerliche und damit einhergehende materielle Entlastung bringen. Ob dadurch jedoch die tatsächlichen Bedarfe abgedeckt werden, ist fraglich, da dieser Freibetrag nicht auf einer systematischen Ermittlung beruht21
    Es gilt auch zu bedenken, dass für junge Menschen, die Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch beziehen oder die in Bedarfsgemeinschaften aufwachsen, diese Auswirkungen nicht identifiziert werden können, da Kindergeld als Einkommen berücksichtigt und angerechnet wird.22 Ähnliches gilt für junge Menschen, die in Alleinerziehenden-Haushalten aufwachsen: Neben der Anrechnung auf Arbeitslosengeld II-Leistungen wird Kindergeld zu 100 Prozent auf den für viele Alleinerziehende wichtigen Unterhaltsvorschuss angerechnet.23
    Infolgedessen kommt es in diesen Fällen nicht zu einer Erhöhung des Haushaltseinkommens24 und der in den Auswirkungen beschriebenen Effekte für junge Menschen.

  • Datenbasis

    Literaturrecherche, Sekundärdaten

  1. Vgl. „Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur steuerlichen Entlastung von Familien sowie zur Anpassung weiterer steuerlicher Regelungen (Zweites Familienentlastungsgesetz – 2. FamEntlastG)“, 29. Juli 2020, 11 f.
  2. Vgl. „Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur steuerlichen Entlastung von Familien sowie zur Anpassung weiterer steuerlicher Regelungen (Zweites Familienentlastungsgesetz – 2. FamEntlastG)“, 29. Juli 2020, 11 f.
  3. Vgl. Otto Bretzinger, „Kindergeld und Krankenversicherung nach der Schule: Finanzielle und rechtliche Situation in der Übergangszeit“ (Akademische Arbeitsgemeinschaft, 2019), 64 f.
  4. Vgl. Familienkasse Direktion, „Kindergeld (EStG und BKGG). Bestand Kindergeldberechtigte und Kinder nach Staatsangehörigkeit (MW) – Juni 2020“, 2020, https://statistik.arbeitsagentur.de/nn_1444746/SiteGlobals/Forms/Rubrikensuche/Rubrikensuche_Form.html?view=processForm&resourceId=210368&input_=&pageLocale=de&topicId=1498246&year_month=202006&year_month.GROUP=1&search=Suchen, letzter Abruf: 08.07.2020.
  5. Vgl. Otto Bretzinger, „Kindergeld und Krankenversicherung nach der Schule: Finanzielle und rechtliche Situation in der Übergangszeit“ (Akademische Arbeitsgemeinschaft, 2019), 64 f.
  6. Vgl. Familienkasse Direktion, „Kindergeld (EStG und BKGG). Bestand Kindergeldberechtigte und Kinder nach Staatsangehörigkeit (MW) – Juni 2020“, 2020, https://statistik.arbeitsagentur.de/nn_1444746/SiteGlobals/Forms/Rubrikensuche/Rubrikensuche_Form.html?view=processForm&resourceId=210368&input_=&pageLocale=de&topicId=1498246&year_month=202006&year_month.GROUP=1&search=Suchen, letzter Abruf: 08.07.2020.
  7. Vgl. Dr. Karola Köhling, „Das Politikfeld Sozialpolitik“, in Implementation in Politikfeldern, 2017, 126.
  8. Vgl. „Lebenslagen in Deutschland. Der Fünfte Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung“, 2017, 267.
  9. Vgl. Institut für Demoskopie Allensbach, „Akzeptanzanalyse I. Staatliche Familienleistungen aus Sicht der Bürgerinnen und Bürger: Kenntnis, Nutzung und Bewertung Abschlussbericht“, 2012, 68 Schaubild 116.
  10. Vgl. Institut für Demoskopie Allensbach, 73 Schaubild 117.
  11. Vgl. „Zweites Familienentlastungsgesetz – 2. FamEntlastG“, 18.
  12. Vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, „Evaluation des Kinderzuschlags. Ergebnisbericht“, 2009, 7.
  13. Vgl. Institut für Demoskopie Allensbach, „Akzeptanzanalyse I. Staatliche Familienleistungen aus Sicht der Bürgerinnen und Bürger: Kenntnis, Nutzung und Bewertung Abschlussbericht“, 178, Schaubild 45.
  14. Vgl. Dr. Karola Köhling, „Das Politikfeld Sozialpolitik“, in Implementation in Politikfeldern, 2017, 126.
  15. Vgl. „Lebenslagen in Deutschland. Der Fünfte Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung“, 2017, 267.
  16. Vgl. Institut für Demoskopie Allensbach, „Akzeptanzanalyse I. Staatliche Familienleistungen aus Sicht der Bürgerinnen und Bürger: Kenntnis, Nutzung und Bewertung Abschlussbericht“, 2012, 68 Schaubild 116.
  17. Vgl. Institut für Demoskopie Allensbach, 73 Schaubild 117.
  18. Vgl. „Zweites Familienentlastungsgesetz – 2. FamEntlastG“, 18.
  19. Vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, „Evaluation des Kinderzuschlags. Ergebnisbericht“, 2009, 7.
  20. Vgl. Institut für Demoskopie Allensbach, „Akzeptanzanalyse I. Staatliche Familienleistungen aus Sicht der Bürgerinnen und Bürger: Kenntnis, Nutzung und Bewertung Abschlussbericht“, 178, Schaubild 45.
  21. Vgl. Deutscher Kinderschutzbund, „Stellungnahme des DKSB zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Stärkung und steuerlichen Entlastung der Familien sowie zur Anpassung weiterer steuerlicher Regelungen“, 15. Juni 2018, 2, https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Gesetzestexte/Gesetze_Gesetzesvorhaben/Abteilungen/Abteilung_IV/19_Legislaturperiode/Gesetze_Verordnungen/2018-12-06-FamEntlastG/Stellungnahme-05-DKSB.pdf;jsessionid=B76BD701356FD5969DE05A73691393EE.delivery1-replication?__blob=publicationFile&v=3, letzter Abruf: 08.07.2020.
  22. Dazu § 11 Abs. 1  S. 5 SGB II, § 82 Abs. 1 S. 3 SGB XII.
  23. Dazu § 2 Abs. 2 S. 1 UhVorschG.
  24. Vgl. Michael Böhmer u. a., „Endbericht. Gesamtevaluation der ehe- und familienbezogenen Maßnahmen und Leistungen in Deutschland“ (Prognos AG, 2014), 121.
  25. Vgl. Deutscher Kinderschutzbund, „Stellungnahme des DKSB zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Stärkung und steuerlichen Entlastung der Familien sowie zur Anpassung weiterer steuerlicher Regelungen“, 15. Juni 2018, 2, https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Gesetzestexte/Gesetze_Gesetzesvorhaben/Abteilungen/Abteilung_IV/19_Legislaturperiode/Gesetze_Verordnungen/2018-12-06-FamEntlastG/Stellungnahme-05-DKSB.pdf;jsessionid=B76BD701356FD5969DE05A73691393EE.delivery1-replication?__blob=publicationFile&v=3, letzter Abruf: 08.07.2020.
  26. Dazu § 11 Abs. 1  S. 5 SGB II, § 82 Abs. 1 S. 3 SGB XII.
  27. Dazu § 2 Abs. 2 S. 1 UhVorschG.
  28. Vgl. Michael Böhmer u. a., „Endbericht. Gesamtevaluation der ehe- und familienbezogenen Maßnahmen und Leistungen in Deutschland“ (Prognos AG, 2014), 121.

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