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Internationale Konferenz zu Jugend-Checks legt Grundstein für länderübergreifende Vernetzung

13.05.22

Das Kompetenzzentrum Jugend-Check veranstaltete am 09. Mai 2022 in Berlin die erste internationale Konferenz zu jugendspezifischen Gesetzesfolgenabschätzungen. Dabei zeigte sich, dass sich die bislang bestehenden Ansätze in ihrer Ausführung, Einbettung und Verbindlichkeit unterscheiden. Sie eint jedoch das gleiche Ziel: Sie wollen die Gesetzgebung jugendgerechter machen und für die Belange junger Menschen sensibilisieren. Die Veranstaltung konnte dabei den Grundstein für eine internationale Vernetzung zu jugendspezifischer Gesetzesfolgenabschätzung legen.

Prof. Dr. Jan Ziekow während seiner Eröffnungsrede der Konferenz „Regulatory Impact Assessment for the Young Generation”. Foto: Ines Grabner

Was braucht jugendspezifische Gesetzesfolgenabschätzung für ihr Gelingen und ihre Wirksamkeit? Diese Frage begleitete Speaker und Publikum am 09. Mai bei der internationalen Konferenz „Regulatory Impact Assessment for the Young Generation” in der Landesvertretung des Saarlandes beim Bund durch das Programm. Die internationale Konferenz wurde vom Kompetenzzentrum Jugend-Check (KomJC) veranstaltet. Neben Fachvorträgen mit good practice-Beispielen zu Jugend-Checks und deren Verhältnis zum System der Gesetzesfolgenabschätzung in Deutschland, Österreich und Flandern (Belgien), stand eine Diskussionsrunde zu Erfolgen und Herausforderungen auf dem Programm. Eröffnet wurde die Konferenz durch Reden von Prof. Dr. Jan Ziekow, Direktor des Deutschen Forschungsinstituts für öffentliche Verwaltung und Leiter des KomJC, Bettina Bundszus, Abteilungsleiterin der Abteilung Kinder und Jugend im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) und eine Keynote von Moritz Ader, Policy Analyst bei der OECD. Ein Resümee zogen Immanuel Benz, Referent im Referat „Jugendstrategie, Eigenständige Jugendpolitik“ des BMFSFJ und Dr. Anja Kettgen-Hahn, Geschäftsführung des KomJC.

BMFSFJ will den deutschen Jugend-Check stärken

Bettina Bundszus machte in Ihrer Eröffnungsrede deutlich, wie wichtig jugendspezifische Gesetzesfolgenabschätzung für politische Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger sei: „Es geht im Kern darum, auch die nicht erwünschten Auswirkungen von Gesetzesvorhaben auf junge Menschen aufzuzeigen. Das führt zu besserer Rechtssetzung. Ich bin sicher, dass die Erkenntnisse aus dieser Konferenz einen wesentlichen Beitrag dazu leisten werden.“ Sie betonte auch die Unterstützung des BMFSFJ für den Jugend-Check in Deutschland: „Wir schätzen den Jugend-Check sehr und freuen uns darauf, das Instrument zu stärken.“

Mit seiner Keynote „Young people at the centre of policymaking” weitete Moritz Ader den Blick und zeigte auf: Die Zufriedenheit junger Menschen mit ihren Regierungen habe in den OECD-Staaten nach der Covid19-Krise abgenommen. Viele junge Menschen hätten den Eindruck, dass ihre Bedenken und Probleme im Rahmen des Krisenmanagements nicht angemessen berücksichtigt worden seien. Dagegen habe sich in Studien gezeigt, dass der Einbezug junger Menschen in eine nationale Jugendstrategie deren Zufriedenheit mit den politischen Entscheidungen steigern könne.

Moritz Ader gab einen Überblick über jugendspezifische Folgenabschätzung innerhalb der OECD-Staaten. Die OECD hatte in ihrer 2020 veröffentlichten Publikation „Governance for Youth, Trust and Intergenerational Justice“ herausgestellt, dass nur vier ihrer Mitgliedsstaaten eine jugendspezifische Gesetzesfolgenabschätzung durchführen. Moritz Ader, der an der Publikation mitgewirkt hatte, stellte in seiner Keynote daher Unterschiede zwischen den implementierten Jugend-Checks vor, die verschiedene Herangehensweisen erkennen lassen. So unterschieden sich diese unter anderem in den betrachteten Altersgruppen, der gesetzlichen Grundlage, dem Prüfzeitpunkt im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses sowie der Art der Veröffentlichung.

Jugend-Checks sorgen länderübergreifend für Sensibilisierung von Politik und Verwaltung

Bei aller Unterschiedlichkeit zeigten sich starke Gemeinsamkeiten zwischen den jugendspezifischen Gesetzesfolgenabschätzungen in Österreich, Flandern (Belgien) sowie Deutschland. Deutlich wurde dies bei den anschließenden good-practice-Präsentationen der Länder und Regionen, die ihre Jugend-Checks sowie deren Einbettung in das nationale oder regionale System der Gesetzesfolgenabschätzung vorstellten. Die anschließende Fishbowl-Diskussion verstärkte diesen Eindruck. An ihr nahmen Leen Ackaert vom flämischen Büro der Kinderschutzbeauftragten, Moritz Ader, Immanuel Benz, Dr. Ewald Filler, ehemaliger Leiter der Abteilung für Familienrechtspolitik und Kinderrechte im Österreichischen Bundeskanzleramt, sowie Rebecca Romes, Stellvertretende Geschäftsführung des KomJC, teil. Moderiert wurde die Diskussionsrunde von Prof. Dr. Jan Ziekow.

Fishbowl-Diskussionsrunde mit (von links): Prof. Dr. Jan ZIekow (Moderation), Dr. Ewald Filler, Immanuel Benz, Moritz Ader, Rebecca Romes und Leen Ackaert
Fishbowl-Diskussionsrunde mit (von links): Prof. Dr. Jan Ziekow (Moderation), Dr. Ewald Filler, Immanuel Benz, Moritz Ader, Rebecca Romes und Leen Ackaert, Foto: Ines Grabner

Alle Speaker berichteten übereinstimmend, dass die Implementierung von Jugend-Checks für eine wahrnehmbare Sensibilisierung von Politik und Verwaltung für die Belange junger Menschen gesorgt habe. Dies schlage sich in einer besseren Rechtssetzung nieder. „Wir schaffen eine bessere Welt für alle Menschen, wenn wir Gesetzesfolgenabschätzung für junge Menschen durchführen“, so Joost van Haelst, der den flämischen „JoKER“ vorstellte. Deutlich wurde auch, dass junge Menschen von Entscheidungen in allen politischen Feldern betroffen sind. Sophie Brandes, Forschungsreferentin am KomJC, zeigte auf, dass das KomJC in der letzten Legislaturperiode bei Gesetzesvorhaben aus 11 der 14 Bundesministerien eine Betroffenheit junger Menschen festgestellt habe. „Keine Entscheidung verhält sich neutral gegenüber Kindern und jungen Menschen“, fasste Leen Ackaert diese Erkenntnis zusammen. Stephan Naundorf, kommissarischer Leiter des Referats für Bessere Rechtssetzung im Bundesministerium für Justiz, erläuterte, dass die Umsetzung eines Gesetzes oft Schwierigkeiten und Nebenwirkungen mit sich bringe, welche von der Politik zuvor nicht vorausgesehen wurden. Der Jugend-Check kann ein Baustein sein, um solche unerwünschten Nebenwirkungen schon vor der Verabschiedung eines Gesetzes zu erkennen. Dr. Ewald Filler, und Christian Köttl, Leiter der Abteilung Grundsatz, Koordination und Recht im österreichischen Bundesministerium der Finanzen, erläuterten die Besonderheit des österreichischen Jugend-Checks: 2013 wurde in Österreich eine verpflichtende Gesetzesfolgenabschätzung für alle Regulierungsvorhaben des Bundes eingeführt. Die möglichen Folgen der Vorhaben müssen im Hinblick auf neun Themenfelder abgeschätzt werden, von denen eines „Kinder und Jugend“ ist. Diese Einführung des Jugend-Checks im Gesamtkontext habe dazu geführt, dass dem Jugend-Check wenig politischer Widerstand entgegengesetzt worden sei. Auch in Flandern sei die Einführung des „JoKER“ parteiübergreifend begrüßt worden, berichtete Leen Ackaert. Sie sei in eine Zeit gefallen, in welcher Gesellschaft und Politik besonders für den Schutz von Kindern und jungen Menschen sensibilisiert gewesen seien. Dahingegen musste der Jugend-Check in Deutschland zunächst einige Vorurteile in Politik und Verwaltung überwinden und zeigen, dass es nicht um eine Bewertung der Gesetzesvorhaben gehe. „Wir konnten zeigen, dass der Jugend-Check eine wissenschaftlich fundierte und objektive Informations- und Entscheidungsgrundlage im Gesetzgebungsprozess an die Hand gibt“, erläuterte Sophie Brandes. Inzwischen erhalte der deutsche Jugend-Check parteiübergreifend positive Rückmeldungen.

Grundstein für ein internationales Jugend-Check-Netzwerk

In seinem Resümee blickte Immanuel Benz zurück auf den Konferenztag. „Auch wenn die heute vorgestellten Ansätze der jugendspezifischen Gesetzesfolgenabschätzung sehr unterschiedlich sind, eint sie doch ein gemeinsames Ziel: Wir wollen Politik und Verwaltung ermöglichen, die Auswirkungen ihrer Entscheidungen auf junge Menschen zu berücksichtigen.“ Hilfreich für das Erreichen des gemeinsamen Ziels bleibt es, miteinander in Kontakt zu stehen.

Daher griff Dr. Anja Kettgen-Hahn in ihren Closing Remarks den Vorschlag auf, die während der Konferenz entstandenen Kontakte in ein internationales „Jugend-Check-Netzwerk“ zu überführen: „Wir können uns nicht nur gegenseitig unterstützen, sondern auch Länder oder Regionen, die am Anfang dieser spannenden Reise stehen.“

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